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Kurz vor dem Ziel traf das Schellengefährt auf
unser Trio aus Irfersdorf und Neuzell. Da sich jetzt am Dorfrand die Mühe
des Anhaltens zum Zusteigen nicht mehr lohnte und auch der Platz mangelte,
glaubte der Wagenlenker den alten Bekannten wenigstens ein Zeichen der
Verbundenheit geben zu müssen. Und er tat es auf seine Weise, indem er den
drei Fußwanderern im flotten Vorbeifahren in gekonnter Manier einen
"Goaßlschnalzer" so dicht vor die Nasen knallte, dass sie erschreckt
zurückweichen mussten. Obwohl sich der Sepp den Anschein der
Absichtslosigkeit zu geben bemühte, konnte er sich´s dennoch nicht
verkneifen, mit einem verstohlenen Blick zurück die Wirkung dieser
eigenartigen Begrüßung zu genießen. Er verzog zwar dabei auch keine Miene,
wer aber in den Gesichtern zu lesen versteht, der konnte ein füchsisches
Aufglimmen in den Zügen des Täters nicht übersehen. Der tat so, als müsse
er aufmerksam auf das Zügeln seines Pferdes achten, dabei war der
lammfromme "Mühl-Fuchs" der Liebling aller Plankstettener Dorfkinder. Es
war schon verwunderlich, dass es der Fuhrmann nicht vernommen haben
sollte, als ihm einer der drei, es war der Korl von Irfersdorf, mit
geballter Faust nachrief: "Saukopf, damischer!", denn das schallende
Gelächter der Mitfahrenden bewies, dass es alle gehört haben mussten.
In der Dorfschmiede von Irlahüll, wo werktags
schon in aller Herrgottsfrühe der fußbetriebene, zählederne Blasebalg zu
fauchen pflegt, herrschte heute ungewöhnliche Stille. Einem höllischen
Rachen gleich gähnte der dräuend-schwarze Rauchfang, wie es schien,
gelangweilt von der Decke herab über der erkalteten Feuerstelle des
Schmiedeherdes. Das morgendliche Dämmerlicht schummerte in der
rußgeschwärzten Werkstatt und vermittelte einem empfindsamen Gemüt alsbald
jene geheimnisvolle Stimmung, die auch Atmosphäre und Kulisse ist für
vielen Sagen und Geschichten um das Handwerk des Schmiedes. Obwohl in
nicht wenigen von ihnen der Teufel die Hauptrolle spielt, konnte einem
dennoch auch das Lied von Gott, der Eisen wachsen ließ, in den Sinn
kommen.
Da lehnte der schwere Vorschlaghammer stieloben,
zusammen mit vielerlei Zangen und Gestänge rundum am riesigen
Eichenstammsockel des Ambosses. Das lederne Schurzfell hing schlaff am
Haken an der rußigen Wand. Es brauchte heute keine "Schmiedflöhe"
abzuhalten. Im länglichrunden Holzzuber mit den unzähligen Brandnarben
spiegelte abgründig das Kühlwasser wie der mystische Glanz eines
Riesenauges. Sogar der Maßkrug aus grauem Steingut hatte für heute
ausgedient. Gleichwohl glänzte seine Glasur dem Eintretenden aus der
Mauernische entgegen, was der Eingeweihte sehr wohl als das vielsagende
Zwinkern deuten konnte. Reingefegt war die Beschlagbrücke; Hufmesser und Raspel, Beschlaghammer und Zange lagerten auf dem tragbaren Werktisch. Darunter lehnte, beim Aufräumen lässig an die Wand gekippt und auch so belassen, der Hufschemel. Fast schien es, als strecke dieser tagaus, tagein geschundene Dreifuß seine wurzelknorringen Ständer heute einmal voll Behagen von sich. Der Meister von Hammer und Amboss, der dunkellockige, blauäugige und von Berufs wegen immer durstige Engelmann Michel, hatte sich ebenfalls mit seinem Dorf- und Waldgenossen, dem petrusbärtigen Markus Geyer mit dem seltsamen Hausnamen "der Kapitel", auf den Weg nach Aschbuch gemacht.
Beide führten noch immer ihre handfesten alten
Hahndrillinge. Wegen ihrer zur Neige gehenden Patronenvorräte, wie sie das
beim Abmarsch feststellen mussten, brauchten sie sich aber, wie die
meister der Treibjagdteilnehmer, keine Sorgen zu machen.
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