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Das schräg einfallende Licht der blankenden,
baumelnden Wagenlaterne warf die Schatten von Ross, Fuhrmann und Gefährt
in riesenhaft verzerrten Schemen auf das schneeige Linnen über den Wiesen
und Feldern am Straßenrand. Auf Schritt und Tritt begleitete das beinahe
verwirrende Schattenspiel der kreisenden Radspeichen das einsame Gespann
auf der Staatsstraße Amberg-Landshut, die auf langen Strecken vom
Ludwig-Donau-Kanal begleitet wird.
Gerade dieser Umstand lenkte die Gedanken des
Sepp auf jenen unternehmenden Ahnen, der im Ort eine Gipsmühle gegründet
hatte, deren Rohmaterial man auf eigenem Lastkahn von Ipfhofen her mit
Pferden treidelte. Der Zeitenwandel musste dann wohl zur Stilllegung und
zur anderweitigen Nutzung der eigenen Wasserkraft aus dem Flusslauf der
Sulz für die Getreide- und Sägemühle geführt haben, die nun seit
Generationen als gediegener Familienbetrieb Wohlstand und Ansehen ebenso
sicherten, wie die mit Viehzucht verbundene Bewirtschaftung ausgedehnter
Ländereien. Das Hinfinden der Plank zur Jagd konnte wohl in dem
Miteigentum an einer Teichwirtschaft, dem "Kauerlacher-Weiher", wurzeln,
bildete doch dessen Bodenfläche nach altem Jagdrecht einen
Eigenjagdbezirk. Wenn sich neben dem Vater - man lese und staune - nicht
weniger als sechs Söhne der Jagd verschrieben, dann ist die Zupachtung von
Jagdrevieren gut verständlich. Während langer Jahrzehnte waren daher die
Plank gleichzeitig auch Pächter der aneinandergrenzenden Gemeindejagden
von Plankstetten, Biberbach, Wallnsdorf, Oberndorf, Raitenbuch, Hebersdorf
und zeitweise auch noch von Friebertshofen. Kein Wunder also, wenn -
allerdings etwas übertrieben - mancher Neider meinte, die Plank hätten den
halben Jagdbereich des Bezirksamtes Beilngries in Pacht.
Von den sechs Brüdern war zwar der Michel längst
Bräu von Laaber geworden, während der Martin einen hohen Posten bei der
Deutschen Reichsbahngesellschaft in Nürnberg innehatte; aber neben dem
Hoferben Peter waren auch der Anton, der Sepp und der Alois im Ort
sesshaft
geblieben. Niemandem wäre es eingefallen, an der schon Tradition
gewordenen jagdlichen Vorrangstellung der Plank zu rütteln. Wenn also von
einem Imperium oder von einem Clan die Rede ist, braucht man nicht immer
gleich an Rom oder Amerika zu denken; dergleichen entdeckt man auch
anderswo, wenn man die Dinge nur beim richtigen Namen zu nennen versteht
und dabei verzichtet, ihnen für das Weltgeschehen Bedeutung beizumessen.
Im örtlichen Bereich haben sie schon ihr Gewicht.
Heute konnte der Peter wegen seiner
Dienstgeschäfte als Bürgermeister bei der Aschbucher Treibjagd nicht
zugegen sein, denn der Vorstand des Bezirksamtes Beilngries, der gestrenge
Herr Oberamtmann Schneider, war zur Gemeindebesichtigung angesagt. Die
Brüder Toni und Alois aber hatten das Haus bei der auch heute
stattfindenden Treibjagd der Berchinger Jäger zu vertreten; bei der
Häufung der Treibjagden zwischen Martini und Sylvester war das Teilnehmen
manches mal schon nicht mehr die reine Freude. Bei dem Mangel an Schützen
war es oft schon ein verpflichtendes Aushelfen auf Gegenseitigkeit. Derlei
Erwägungen waren auch dem Plank Sepp ausschlaggebend für seine heutige,
mehrstündige Anfahrt nach Aschbuch, denn in der nächsten Woche stand die
große Wallnsdorfer Feldtreibjagd der Plank an und da brauchte man
Schützen. Längst hatte er die Geißel in den ledernen Köcher gesteckt und
Zeit und Muße gefunden, die Vorbereitungen dazu bin nach Beilngries
hinunter zu überdenken.
Dort angekommen zahlte er als Ortsfremder beim
noch ganz verschlafenen Einnehmer im Pflasterzollhäusl dicht neben der
Frauenkirche für seine Einspännerfuhre tarifgemäß 15 Pfennige und ließ das
Pferd im Schritt durch die Hauptstraße gehen, um das allmählich
einsetzende Tun und Treiben der "Stoderer" (Städter) auch etwas beobachten
zu können.
Nach dem Überqueren der Altmühlbrücke
außerhalb
von Beilngries kräuselte ihm ein steifer Wind um Nase und Ohren, so dass
er dem Gaul eine schnellere Gangart befahl, um so den Talübergang mit den
beiden weit auseinanderliegenden Hochwasserbrücken rascher hinter sich zu
bringen. Am Fuß des Paulushofener Berges hielt er an und pfiff dem Wallach
eine wohlvertraute eintönige Weise; das hat nichts zu tun mit einer
Schlangenbeschwörung wie etwa im fernen Indien. Ein ausgiebiges Plätschern
verriet alsbald den Zweck dieser Dressurübung.
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