Alois Voggenreither

 

 


 

Dieser lobpreisende Voggenreiter mit dem typisch bayerischen Vornamen Alois (wir haben ihn schon als sachkundigen Schmuser für den geplanten Hundekauf kennengelernt) hatte seinem Kaiser gedient während der Laufbahn vom Rekruten bis zum länger dienenden Sergeanten. Anschließend diente er seinem Landesherrn als Condukteur bei der Königlich-Bayerischen Staatseisenbahn auf der Nebenstrecke Neumarkt-Beilngries-Dietfurt. Als sich nach dem Umsturz 1918 dieses "Königliche" Unternehmen zur Deutschen Reichsbahngesellschaft gemausert hatte, versah er seinen Dienst als Oberzugführer auf den Hauptbahnstrecken in Regensburg. Von seinem früheren Wohnsitz Beilngries aber konnte er sich nicht trennen.

Er verbrachte jede freie Stunde dort, wo er auch dem örtlichen Jagdkonsortium angehörte und wo er Land und Leute kannte wie sie ihn. Zu seinem Erscheinungsbild gehörte die unvermeidliche Virginia im Mundwinkel und der "Stein", wie der Volksmund den Maßkrug zu nennen beliebt. Aus diesem irdenen Gefäß trank er mit sichtlichem Genuss sein Bier, ohne sich jedoch (das sei zu seiner Ehre gesagt) jemals sinnlos zu betrinken. Seine Stimme und Sprache waren geprägt vom Kasernenhof- und Bahnsteigmilieu. Es war ihm gut zuzuhören bei der Schilderung seiner Viechereien und seiner Jagderlebnisse. Schnitt er aber manchmal gar zu sehr auf und wollte man ihm nicht Glauben schenken, konnte er fuchsteufelswild werden. Seine Beteuerungsformeln lauteten dann: "So wahr ich leben und das Haus Wittelsbach" oder "der Teufel soll mich in der Luft zerreißen" oder "da laß´ ich mich fressen".

Es gibt zahlreiche Gebiete der Wissenschaft und der Forschung und daher auch ebenso viele Sparten von ...ologen. Dessen ungeachtet kam unser Voggenreiter mit einer einzigen Art von ihnen aus und das waren die Kynologen. Diese mussten aber auch für alles geradestehen. Sei es als Experten für den Mehltaubefall von Pflanzen, sei es für die Beurteilung einer neu auf den Markt gekommenen Jagdpatrone, sei es für die Frage nach dem Zeitpunkt der Ranzzeit des Marders oder sei es für Fragen der Sternenkunde. Kurzum, bei allen ungeklärten Streitfragen am Wirtshaustisch schloss der Voggenreiter seinen Diskussionsbeitrag immer mit dem Satz: "Darüber sind sich selbst die Kynologen nicht einig".

Auch der Gebrauch von Fremdwörtern bereitete ihm keine Schwierigkeiten, er bog sie sich schon zurecht. Klagte da beispielsweise einer einmal über Schmerzen in der Rachengegend, dann litt er laut Voggenreiter einfach an "Rachitus", wohlgemerkt nicht etwa an Rachitis, was ja auch schon ein Glanzstück unfreiwilliger Komik gewesen wäre. Er besaß die besondere Gabe, Marotten und Fimmel seiner lieben Mitmenschen mit ebenso drastischen wie treffenden Vergleichen auf Korn zu nehmen.

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"Der Schreiner von Dörndorf"