Schlusswort

 

 

Von den Hauptfiguren dieser kleinen Bühne sind nur noch ein paar übriggeblieben. Früher oder später wird Freund Hein auch mit jedem von ihnen unter vier Augen und ohne Gegenrede sein Wörtchen sprechen. Bei dem vielen Jungwuchs, der heutzutage allenthalben vorzeitig weggemäht wird, mag das dann ebenso wenig Aufsehen erregen wie ein Altgrasstengel in den Schwaden einer frischen Mahd.

Vielen, von denen hier die Rede war, musste, konnte oder durfte ich die letzte Ehre erweisen. Unvergesslich bleibt mir jedoch aus diesem Bekanntenkreis die Beerdigung jedes Mannes, der seiner Lebtage gern nass gefuttert hatte.  In sein offenes Grab ergossen sich in einem wolkenbruchartigen Regen alle Schleusen des Himmels. Kein Wunder also, dass die Trauergemeinde dieses Naturereignis als einen recht sinnfälligen Deuter von oben auslegte.

Eine stämmige Bäuerin aus der Reihe der Verwandtschaft des Verstorbenen schüttelte nach der Bestattung aus ihrem knöchellangen, schwarzseidenen Feiertagskleid, aus der ebensolchen Schürze und dem langzipfeligen Kopftuch ihren Anteil an dem himmlischen Nass, den auch sie trotz eines handfesten Regendaches abbekommen hatte. Ich hatte sie - vielleicht zu Unrecht - in dem Verdacht, sie wolle mit der etwas betonten Gründlichkeit ihres Tuns auch noch ihren Festtagsunterrock aus knallrotem Flanell und mit den schwarzen Querbändern zur Geltung bringen. Resolut meinte sie dann: "Ich laß´ mir schon was gfalln, aber dös hätt´s grod a net braucht!" In einem seltsamen Gemisch aus Empörung, Nachsicht, Verzeihen und Trösten wandte sie sich dann an die Witwe neben ihr: "All´s wos recht ist´! Wenn´s eahm a g´schmeckt hot, meim Schwager, aber so grausam hot er dengerscht (doch) a wieder net g´suffa. Der Herr hab ihn selig!"  Hört sich das nicht an wie das Erteilen einer Lektion wegen Nichtbeachtung des uralten Gebotes" De Mortuis nil nisi bene - oder auf gut Deutsch: Über die Toten nichts als Gutes? Wenn das offenbar nicht einmal dem Herrgott gelingt, dann darf ich auf etwas Nachsicht des Lesers hoffen.
 

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